Fashion Africa Now: „Blackness in Fashion“?

Wenn Kuratorin und Cultural Producer Beatrace Angut Lorika Oola zu einer Veranstaltung ruft, dann gehst du. Seit 2012 ist die multidisziplinäre Visionärin Teil der deutschen Kultur- und Kreativbranche. Mit ihrer Plattform Fashion Africa Now pusht sie Schwarze, afrikanische und afro-diasporische Mode- sowie Medienschaffende. Sie versammelt sie in einem Raum, vernetzt sie miteinander, lässt sie diskutieren. So auch beim Design Pop-Up „APPEARANCE“, den sie im „Zwischenraum“ des Hamburger MARKK (Museum am Rothenbaum – Künste und Kulturen) kuratiert hat. Im Panel Talk mit drei Kreativen aus der Industrie sprach Oola über „Blackness in Fashion – Aesthetics and the White Gaze“. Welchen Einfluss hat Schwarze Popkultur, wer profitiert davon und welche Rolle spielt die eigene Identität?

Schwarzsein in der Mode heißt…

In Deutschland zu sein hat mir die Augen dafür geöffnet, was es heißt Schwarz und afrikanisch zu sein.

Émika Kabera, Regisseurin und Gründerin von Curious Afrika

… unterschiedliche Dinge für unterschiedliche Menschen. Gerade in der Kreativbranche kann die Auseinandersetzung auf vielen Wegen stattfinden. Émika Kabera, ruandische Regisseurin und Gründerin von Curious Afrika, sieht Schwarzsein in der Mode als ausschlaggebend – vor allem in eurozentrischen Spaces: „Repräsentanz gibt dir die Kraft daran zu glauben, dass du auch in kreativen Spaces sein kannst.“ Für Kenneth Komlan Soussoukpo, Kurator der SAN.KO.FA Fashion Show, spielt die Community eine große Rolle. Ohne sie, so erzählt er, hätte er nie den Schritt in die Modebranche gewagt. Und Suzanne Darouiche, Designerin und Gründerin der Kidswearbrand Oonii, konnte erst gar nicht fassen, dass sie eingeladen war: „Ich musste über mein Schwarzsein nachdenken. Aber das ist eben meine Reise und Mode hilft mir auf dem Weg.“

Bis auf Kabera haben alle Panel-Teilnehmer*innen die meiste Zeit ihres Lebens in Deutschland verbracht. Nach knapp einem Jahr in Berlin, zieht die Regisseurin vorerst folgendes Fazit: „Ich sehe viele Afrikaner*innen, die auch global durchstarten. Aber ich sehe auch viele nicht-Schwarze Personen, die Credits für Dinge nehmen, die nicht von ihnen kommen. In Deutschland zu sein hat mir die Augen dafür geöffnet, was es heißt Schwarz und afrikanisch zu sein. Es ist eine interessante Reise.“

White Gaze in Deutschlands Modebranche?

Als Oola mit Fashion Africa Now startete, war die Szene nicht ansatzweise so groß wie jetzt. Drei Designer*innen habe sie damals in Deutschland nach langer Recherche gefunden. Heute sitzt sie mit drei Creatives auf der Bühne und ist von dreimal so vielen Designer*innen umgeben. Welche Rolle spielt White Gaze, also die Annahme, Weißsein sei der Standard, an dem sich alles und alle anderen richten? Für Soussoukpo zumindest keine: „Wenn ich kuratiere, ist meine Arbeit von anderen inspiriert. Ihrem Leben, ihrer Liebe, ihren Überlebenskünsten. Der White Gaze diktiert nicht, was mir gefällt.“ – If I like it, I like it. Ohne Überinterpretation oder Daueranalyse, sondern einfach mal nach Gefühl gehen.

Darouiche bemerkt White Gaze im Design vor allem in der Herstellung von Schnittmustern. Der Prozess unterscheidet sich ihrer Erfahrung nach von der westafrikanischen Herangehensweise und hegt demgegenüber stereotypische Ansichten. Etwas, das auch in ihrer Familie internalisiert sei: „Ich arbeite noch daran, das zu dekonstruieren.“ Kabera erklärt, sie müsse sich in Ruanda über White Gaze keine Gedanken machen, „warum auch? Ich bin in Ruanda.“ Wo es ihr allerdings auffällt, ist beim Thema Förderung. Nichtregierungsorganisation würden ausländische Projekte bevorzugen, auch ausländische Künstler*innen würden häufiger gebucht, sodass keine finanziellen Mittel mehr für lokale Artists übrig seien. „Wir müssen uns in Positionen begeben, in denen wir vorgeben, was gefördert wird“, so wären Creatives nicht abhängig von weißen eurozentrischen Institutionen. Für Soussoukpo ist es daher wichtig, weiße Normen bei Förderungen zu hinterfragen. Seine Go-To-Frage ist bei Kooperationen, was welche Position wert ist. Denn: „Wir sind unterbezahlt und ich will, dass sich das ändert!“

Als Individuum weniger White Gaze in der deutschen Fashion Industry reproduzieren – geht das? Pack your bag, denn Soussoukpo und Kaberas empfehlen hierfür eine Reise zum Motherland. Einerseits, um zu recherchieren, anderseits aber auch, um mit eigenen Augen zu sehen, was in Film, Kunst und Kultur passiert. Ansonsten sind Kooperationen zwischen Schwarzen, afrikanischen und afro-diasporischen Creatives innerhalb der Branche KEY. Und dafür muss man nicht um die ganze Welt reisen, findet Kabera: „Manchmal ist der beste Match in deiner Nachbarschaft.“ Also Augen auf in eurer Hood!

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